VON Yoshiko Waki und Rolf Baumgart
VON UND MIT
Anna Paunok, Charlie Fouchier,
Guido Kresov, Heidi Peterson,
Jennifer Döring, Kazuhisa Kurumada,
Kerstin Kuzia, Lukas Zerbst,
Lydia Roscher, Marlit Mosler,
Melanie Eggert, Michal Sandor,
Nina-Mercedés Rühl, Rafael Weisz,
Stephan Krawczyk, Sylvana Seddig,
Thomas Achtner, Tim Gerhards
Ossimisten Wessimisten ist ein Produkt der Doppelpass-Partnerschaft eLBe: Über/n\FlussGesellschaft der Landesbühnen Sachsen mit der Compagnie bodytalk
Gefördert durch: Kulturstiftung des Bundes,
Kulturraum Leipziger Raum,
Kultur-Torgau e.V.
Die kleine Stadt Torgau ist Stätte großer Begegnungen, z. B. von Luther und Melanchthon, US-Army und Roter Armee. Vor dem Hintergrund der „Jahrhundert-Flut“ und der fast grenzenlosen Hilfsaktivitäten tauchen die DarstellerInnen in die Geschichte der Stadt ein und landen beim einzigen Geschlossenen Jugendwerkhof der DDR, mit dessen Geschichte sich Torgau nur abwehrend auseinandersetzt – was auch im Zuge der Produktion deutlich wurde.
Torgau hat einer Epoche seinen Stempel aufgedrückt. Oder ist es andersrum? Sind wir mit den Jahrhundertfluten im 21. Jahrhundert angekommen? Hat die Flut uns gesund gemacht? Weil alle am selben Strang gezogen haben. Und weil das so wie früher war, als es nur einen Strang gab?
Bertolt Brecht schreibt in Die Sandsäcke der Frau Carrar: „Sie trug auf ihrem Rücken, was in Wüsten nicht viel gilt, doch vor Torgau wird zu Gold es sich wandeln.“ Später heißt es: „Und ich bin stolz auf meine Heimatstadt, weil die Torgauer einer meiner größten Wahrheiten getrotzt haben: Das Große bleibt groß nicht!“
Groß wie die Uraufführung der ersten deutschsprachigen Oper in Torgau, die aber so lange verschollen bleibt, bis sie durch eine Jahrhundertflut wieder hochgespült wird und auftaucht:
Torgau, genau
Tor oder Gau, du musst dich entschließen
Wir drehen die Zeit statt vor auf Zurück
So oder so, sie werd'n dich wegschließen
Und wenn du im Kreis läufst, hast du noch Glück
Presse
Gestern feierte das erste Flut-Musical in Torgau Premiere. Bei Ossimisten Wessimisten ist nicht nur Schriftsteller und Bürgerrechtler Stephan Krawczyk dabei. Die Hauptrolle spielt eine Torgauerin selbst: „Zwischendurch waren wir Sandsäcke stapeln.
Unsere Geschichte hat uns eingeholt.“
BILD, 10.8.2013
Mit beeindruckender Energie wurde Ossimisten Wessimisten auf die Bühne im Hof von Schloss Hartenfels gebracht.
Der Theatersommer 2013 hat damit seinen spannendsten Abend hinter sich. Immerhin gab es eine Uraufführung zu sehen. Dass der Funke der Neugier übergesprungen war, davon zeugten die voll besetzten Zuschauerränge. Am Ende des Tages stand ein Stück, das den Gästen der Uraufführung jede Menge Stoff zum Nachdenken und Diskutieren über sich und ihr Torgau mit auf den Heimweg gab.
Geschlossener Jugendwerkhof, getanzt von Darstellern, die diese Gewalt an jungen Menschen bewegend und unter die Haut gehend aufzeigten...Und jetzt betrat eine Frau die Bühne, mit 16 Jahren Opfer dieser Institution, sprach über die hier authentisch dargestellten Szenen und die persönlich erlebte körperliche und seelische Gewalt. Ich gebe ihr Recht, weil es die Fakten sind, die Lüge ist, diese Jugendlichen als Kriminelle zu bezeichnen, und damit verletzt man diese heute erwachsenen Menschen erneut. Es war für einen Moment ganz still, das Gesehene und Gehörte wirkte nach, ich sah Tränen, auch bei mir.
Torgauer Zeitung, 13.8.2013
Ein eindrucksvoller Abend, der beweist, dass zeitgenössisches Tanztheater mit den richtigen Themen auch in der vermeintlichen Provinz Erfolge feiern kann.
Leipziger Volkszeitung, 12.8.2013
...Eindrücke von Torgau und eine ironische Aufarbeitung städtischer Sehenswürdigkeiten. Das alles kulminiert in einer imposanten Massenszene mit Überflutung der Bühne...
Dresdner Neueste Nachrichten, 13.8.2013
Skandal in Torgau
Yoshiko Waki erarbeitete im Sommer mit ihrer Kompanie Bodytalk ein Stück in der sächsischen Kleinstadt Torgau. Fünf Wochen lang probte die ehemalige Kresnik-Tänzerin mit ihrem Ensemble, Mitgliedern der Landesbühnen Sachsen und Torgauer Bürgern – eine Kooperation im Rahmen des Doppelpass-Programms der Kulturstiftung des Bundes. Kurz vor der Premiere kam es zum öffentlichkeitswirksamen Knall.
(Es) entstand riesiger, anonymer Druck, weil einflussreiche Torgauer offenbar Probleme mit einigen Szenen der Produktion hatten, die den Geschlossenen Jugendwerkhof betrafen – zu DDR-Zeiten eine Art kaserniertes Kinderheim für die angeblich ganz harten Fälle. Militärischer Drill, Entwürdigungen, Gewalt und sexueller Missbrauch der Schutzbefohlenen waren dort an der Tagesordnung. Opferverbände kämpfen seit Jahren um die Anerkennung des Unrechts wie der Tatsache, dass nicht etwa kriminelle Jugendliche dort untergebracht wurden, sondern ganz normale Kinder. Eine ehemalige Insassin tritt sogar im Stück auf.
Die Stadt tut sich mit solchen Konfrontationen schwer, Yoshiko Waki wollte dennoch nicht darauf verzichten.
Zehn Minuten lang setzt ihre Choreografie verschiedene Demütigungen tänzerisch eindeutig um, zeigt explizit auch eine Vergewaltigung. An dem Punkt kam es zum Knall. «Das geht gar nicht, das müsst ihr rausnehmen, hieß es», erzählt die Choreografin.[...] Der Abend schwankt zwischen jugendlichen Sommerträumen und -exzessen, thematisiert die vermeintliche Wiedergeburt des Gemeinschaftsgeistes unter den Auspizien des Jahrhundert-Hochwassers, greift die Spannung zwischen Vergangenheit und Gegenwart auf. Choreografin Waki montiert diese Elemente so sorgfältig wie ironisch. [...] Die Premiere wurde von Publikum und Lokalpresse begeistert aufgenommen. Der Skandal hat sich offenbar gelohnt.
Torben Ibs tanz, Oktober 2013
MDR Bericht Über Ossimisten Wessimisten
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